Schreiben vom Landschaftsverband Rheinland
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Schreiben des Landschaftsverbands Rheinland vom 1. März 2018 mit der Empfehlung, die Wallanlagen inklusive Bebauung durch eine Denkmalbereichssatzung zu schützen
Krefeld
Die vier Wälle in Krefeld – die Stadterweiterung nach den Plänen von Adolph von Vagedes 1816-1819 (91207)
Wir haben bei der Stadt Krefeld angeregt, die für Krefeld so charakteristischen Wallanlagen einschließlich der rahmenden Bebauung durch eine Denkmalbereichssatzung zu schützen. Grundlage dieser Einschätzung ist unser Gutachten zur Innenstadt von Krefeld aus dem Jahr 1994. Nach eingehender Erörterung hier im Hause werten wir die Wallanlagen, die in ihrer Konzeption auf die Stadterweiterungsplanung von Adolph von Vagedes aus dem Jahr 1819 zurückgehen, als eigenständigen Teil der Innenstadt und als ein städtebaulich besonderes und auch einzigartiges Zeugnis.
Zur historischen Entwicklung
Hervorgegangen aus einem Klosterhof des Prämonstratenserinnenstiftes in Meer, erhielt Krefeld 1373 Stadtrechte und wurde befestigt. Die Aufnahme von Glaubensflüchtlingen ab 1678 führte zur ersten Stadterweiterung 1692. Die zugezogenen Bürger bauten das Leinengewerbe in Krefeld zu einem wirtschaftlichen Schwerpunkt aus, auf dessen Basis sich seit der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Herstellung von Seide in industrieller Fabrikation zum führenden Wirtschaftszweig entwickelte. Da der preußische Staat im Sinne des merkantilistischen Wirtschaftssystems die industrielle Entwicklung förderte, wuchs die Stadt stetig an. 1711 erfolgte eine Stadterweiterung nach Süden. Weitere planmäßige Erweiterungen schlossen 1738, 1752 und 1766 im Norden des historischen Kerns an. Die Gründung zahlreicher Firmen Anfang des 19. Jahrhunderts und der damit verbundene Anstieg der Einwohnerzahl erforderten in preußischer Zeit sehr bald weitere städtebauliche Planungen auf der Grundlage der neu erlassenen Baupolizeiverordnungen.
In dem Plan von 1817/1819 beabsichtigte der preußische Regierungsbaurat Adolph von Vagedes die Einbindung der bestehenden Erweiterungen in die städtebauliche Figur eines lateinischen Kreuzes. Doch aus Kostengründen wurde in Abstimmung zwischen dem Rat der Stadt und der Staatskanzlei 1821 eine in den Ausmaßen einfachere und in der Fläche reduzierte Form des Plans zur Umsetzung genehmigt. Ergebnis war eine klare geradlinige Begrenzung im Westen und im Osten, die das bestehende Stadtgebilde durch die Anlage eines Rechtecks mit im Osten, Süden und Westen umgebenden Wällen, mit Gräben und mit doppelreihiger Baumbepflanzung zusammenfasste. Die nördliche Grenze bildete die heutige Nordstraße.
Schließlich umschloss der Erweiterungsplan von Vagedes Nachfolger, Franz Anton Umpfenbach, 1837/43 den Stadtkern einschließlich aller Erweiterungen rundum weiträumig. Die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts folgenden städtebaulichen Maßnahmen respektierten, entwickelten, verschärften und akzentuierten die Rechteckanlage:
- 1843 gestaltete Maximilian Friedrich Weyhe den Ostwall als Promenade.
- Mit dem Bahnanschluss 1849 erfuhr der Ostwall als breite Alleeachse mit gehobener Wohnbebauung auf den Bahnhof zu eine geradlinige Verlängerung. Die stilistische Integrierung in das bestehende Stadtbild plante Joseph Clemens Weyhe.
- Um 1850 fügte sich die Anlage des Karlsplatzes in den städtischen Grundriss ein und betonte die Mitte der westlichen Längsseite.
- 1894-97 setzte der Bau des Kaiser-Wilhelm-Museumsauf dem Karlsplatz mit Ausrichtung nach Osten einen zur Stadtmitte gerichteten Akzent.
- 1854-61 Die Errichtung der Liebfrauenkirche an dem neu geschaffenen Liebfrauenplatz in der Nord-Westecke des Stadtgrundrisses ist in der Diagonale des Vierecks ein städtebauliches Gegengewicht zum Ostwall.
Zur Bedeutung
Die Stadterweiterung nach den Planvorgaben von Adolph von Vagedes aus dem Jahr 1819 steht in einer im 17. Jahrhundert angestoßenen Reihe von Erweiterungen des Stadtkerns. Die Anlage der Wälle ergänzt im 7. Stadterweiterungsschritt alle vorangegangenen Planungen, indem sie das städtische Gefüge zu einem Ganzen zusammenschließt. Die Erweiterung verlieh dem Stadtgrundriss die prägnante Rechteckform, die bis heute Inbegriff der Stadtstruktur von Krefeld ist; gleichzeitig gab sie dem Stadtkern von Krefeld mit der klaren Blockrandbebauung eine unverwechselbare bauliche Erscheinung vor. So hat die stringente Form von Grundriss und aufgehenden Bauzeilen nicht nur nach innen den Stadtkern klar gefasst sondern auch die nach außen anschließende Entwicklung städtebaulich und architektonisch bis heute bestimmt und geprägt.
Eine entsprechende Denkmalbereichssatzung wäre das geeignete Instrument, um einerseits die historische Bedeutung der Wallanlagen in einen Rahmen zu setzen, der – abgestimmt auf die städtebaulichen Interessen und Ziele der Stadt Krefeld – die weitere Entwicklung des Stadtkerns begleitet, und um andererseits die Ideen, Anstöße und Aktivitäten Ihrer Initiative einzubinden.
Wir haben der Stadt Krefeld angeboten, über diese Schutzkonstruktion ein Gespräch zu führen, und stehen auch Ihnen und der Initiative Stadtkultur Krefeld für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
im Auftrag
LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland
Inventarisation
Abtei Brauweiler
Ehrenfriedstr. 19
50259 Pulheim